Alfred Schuster im Sommerinterview des Neuen Tag

Veröffentlicht am 18.08.2008 in Presse

Alfred Schuster im Sommerinterview mit dem Neuen Tag

Von grünen Roten und einer Leidenschaft
SOS-Kinderdorfleiter Alfred Schuster will in den Landtag und bei der Familien- und Bildungspolitik Schwerpunkte setzen

Er hat klare Vorstellungen und einen Traum. Und wenn den viele mitträumen, "dann ist das der Anfang einer neuen Wirklichkeit". Alfred Schuster möchte im Stimmkreis Tirschenreuth den SPD-Landtagsabgeordneten Werner Schieder "beerben". Wie es dazu gekommen ist, was er sich vorstellt und wo er Schwerpunkte setzen will, das erzählte der Leiter des SOS-Kinderdorfes in Immenreuth im Sommergespräch mit mit den Neuen Tag.

Sie haben sich ja eine schwierige Aufgabe gestellt. War es eine leichte Entscheidung oder hat es einer gewissen Überzeugungsarbeit bedurft?

Ich bezeichne mich ja als Quereinsteiger, auch wenn das nicht so ganz stimmt. Ich habe bisher halt mehr auf lokaler Ebene gearbeitet. 1990 bin ich dann in die Partei eingetreten.

Warum ausgerechnet 1990?

Da war bei uns in der Gemeinde die Kinder-Olympiade, die traditionell von der SPD veranstaltet wird. Und da hat der Bürgermeister gemeint, der Leiter des Kinderdorfes sollte auch die Schirmherrschaft übernehmen. Und dann hat man gemeint, wer das so gut gemacht hat, der kann auch in die Partei eintreten.

Und vorher hatten Sie mit der Politik nichts am Hut?

Doch, doch. Ich war immer schon politisch interessiert. Das kommt schon von Berufs wegen. Und später dann, wenn auf Kreisebene die Partei jemand gebraucht hat, dann stand ich schon zur Verfügung. Aber ich wollte eigentlich keine große Funktion übernehmen, habe mich eher auf das Örtliche beschränkt.

Wann kam dann das Umdenken?

Auf einer Klausurtagung mit Ludwig Stiegler. Da haben wir Kandidatenfragen für Landrat und Landtag diskutiert. Und da bin ich gefragt worden, was ich machen möchte. Das hat mich überrascht. Wenn ich ehrlich bin, hab' ich geschimpft wie ein Rohrspatz, weil ich auf die Situation überhaupt nicht eingestellt war. Und ich hab dann gesagt, machen wir erst mal den Landratskandidaten, die andere Frage schieben wir. Im kleinen Kreis bin ich dann gebeten worden, es mir noch einmal zu überlegen. Dann kamen abends noch ein paar zustimmende Anrufe.

Trotzdem haben Sie noch nachgedacht?

Freilich. Soll ich das wirklich machen, hab' ich mich gefragt. Und mich dann zu der Entscheidung durchgerungen: Wenn der Kreisverband das will und wenn die Delegierten es wollen, dann bin dazu bereit. Allerdings unter ein paar Bedingungen.

Die da waren?

Unter anderem wollte ich keinen Gegenkandidaten und auch nicht das Parteiprogramm von eins bis hundert auswendig lernen. Ausschlaggebend aber war meine damalige familiäre Situation: alleinstehend und zwei Kinder am Ende des Studiums. Weil so eine Kandidatur kann man keiner Familie antun.

Wie stehen sie denn zu Annette Karl, die im Stimmkreis Neustadt/Weiden antritt?

Mal vorweg: Ich gehe das Ganze sehr gelassen an. Auch unter dem Aspekt, dass ich beruflich nicht darauf angewiesen bin, das Mandat zu bekommen. Es stehen ja einige Leute unter einem gewissen Zwang. Ich kann eigentlich nur gewinnen.

Aber sie wollen schon als Landtagsabgeordneter gewählt werden?

Ich will das und ich tue alles dafür. Ich bin dafür bekannt, dass ich keine halben Sachen mache. Mit Annette Karl und den beiden Bezirkstagskandidaten Brigitte Scharf und Werner Windisch gehe ich Hand in Hand. Ich habe gestern erst mit Annette Karl telefoniert, ich hab' die Adresse da (greift in die Hemdtasche), trage sie an meiner Brust. Wir werben gemeinsam für unsere Belange, besuchen uns gegenseitig. Diese Konkurrenzen zwischen Weiden und Tirschenreuth müssen ein Ende haben. Wir wollen die Oberpfalz, unsere Regionen stark machen.

Wo geht es im Urlaub hin?

In den Wahlkampf. Ich habe täglich ein bis zwei Termine, am Wochenende das Doppelte und Dreifache. Aber wenigstens einen Abend in der Woche möchte ich mir schon freihalten.

Wie gehen Sie denn mit dem Gedanken um, bei einem Einzug in den Landtag hier das SOS-Kinderdorf aufgeben zu müssen?

Die Nachfolgefrage wird mit meinen beiden Stellvertretern und dem Arbeitgeber in München geklärt. Da wird es eine Übergangsregelung geben, weil die Stelle ausgeschrieben werden muss. Aber die Aufgabenverteilung haben wir selbst schon festgelegt.

Sie sind also guten Mutes, in den Landtag gewählt zu werden?

Voller Überzeugung.

Und wenn es anders kommt?

Dann ist fast niemand traurig, wenn ich da bleibe. Es wartet niemand darauf, dass ich meinen Stuhl verlasse. Ich bin seit 1980 hier und leite das SOS-Kinderdorf seit 1990. Ich bin über die evangelische Kirche mit dem Raum Eschenbach/Grafenwöhr sehr verwurzelt, bin seit 18 Jahren Vertrauensmann in Immenreuth und auch Mitglied der so genannten Kulm-Synode.

Die CSU hat bei den Kommunalwahlen ja kräftig Federn lassen müssen. Auch die SPD kam nicht ungeschoren davon. Die Freien Wähler dagegen segelten im Aufwind. Sehen Sie bei der Landtagswahl eine ähnliche Konstellation?

Die Vorzeichen sind zwar anders, aber die Freien Wähler werden sich schon ihre Stimmen holen. 2003 war die Wahlbeteiligung nicht so toll. Das zeugt von einer gewissen Politikverdrossenheit. Auch da möchte ich mich einbringen mit meiner Offenheit und meiner Ehrlichkeit. Wenn ich so mit CSU-Leuten spreche, also die haben schon massive Angst vor den Freien Wählern.

Was sagen Sie denn zu Ihrem Mitbewerber von der CSU?

Der Wähler muss entscheiden, sein Wille ist aber nicht immer leicht erkennbar. Was mich von Tobias Reiß unterscheidet, ist das Grundverständnis. Einmal abgesehen von der Berufs- und Lebenserfahrung: Ich verstehe mich nicht als Vertreter der Staatsregierung, sondern als Vertreter der Region. Das wird vielleicht als "Dem-Bürger-nach-dem-Mund-reden" hingestellt. Aber ich sehe das wirklich so. Beispiel Schulpolitik, wo es wirklich rumort. Da wird nur abgenickt, was das Ministerium sagt.

Sie haben sich da ja kein Blatt vor den Mund genommen, von einer großen Sauerei gesprochen?

Ich rede nicht lange um den heißen Brei herum, auch wenn es nicht immer Freunde bringt.

Wo ecken Sie denn an?

Mit unkonventionellen Vorschlägen etwa zum Sprit sparen. Unter zwei Kilometer kann man ja wirklich zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren. Und dabei Tonnen von Kohlendioxid einsparen. Da tut man für Natur und Gesundheit etwas gutes. Oder wenn ich von einer autofreien Woche rede. Das bringt mir nicht immer Applaus.

Sind Sie ein grüner Roter?

Das will ich nicht sagen. Aber eines meiner politischen Vorbilder war zum Beispiel Erhard Eppler, der in den 70er-Jahren schon über Lebensqualität geschrieben hat. Das war der erste Grüne in der SPD. Ich bin in manchen Dingen sehr wertkonservativ.

Auch in der Freizeit?

Meine Hobbies sind meist mit Arbeit verbunden. Meine Leidenschaft aber ist das Tanzen. Standard und Lateinamerikanische Tänze. Eine Veranstaltung, wo Musik ist und es wird nicht getanzt - das halt ich höchstens eine Stunde aus, dann wird getanzt.

Wo kann der Alfred Schuster fuchsteufelswild werden?

Wenn jemand lügt oder hinten herum etwas macht, damit eine gewisse Strategie verfolgt wird. Da kann ich aus der Haut fahren und werde noch deutlicher als sonst. Oder jetzt im Wahlkampf die Arroganz der CSU. Die zieht sich von München bis in die kleinste Gliederung. Da gibt es ja keine Hemmschwelle mehr. Die nennen keine Fakten, sondern nur wie gut sie sind.

Was freut Sie besonders?

Wenn ich mit Kindern zusammen bin. Da geht da Herz auf. Da wird mir etwas fehlen, wenn ich im Landtag bin.

Wie sehen Sie die Diskussion um Clements Parteiausschluss?

Zu breit getreten. Auch wenn es ein Stück Basis-Demokratie ist: Ein kleiner Ortsverein sollte nicht über einen Staatsmann entscheiden. Allerdings war seine Äußerung - sagen wir mal - parteitaktisch unklug.

Was halten Sie persönlich von den Linken?

Die darf man nicht hofieren. Wir brauchen hier in der Oberpfalz Leute, die etwas tun. Aktivposten. Von meiner Geschichte her, ich bin ja in Siebenbürgen geboren und aufgewachsen, ich weiß, was Kommunismus ist. Mein Vater hat immer gesagt: Freiheit ist das höchste Gut.

Wie ist ihr Verhältnis zu Werner Schieder und Ludwig Stiegler?

Bestens. Der Ludwig leidet schon darunter, dass er wegen seiner Position nicht mehr so oft präsent sein kann hier in der Heimat. Aber ich höre von vielen Betrieben, wo er im Stillen geholfen hat. Auch die Zusammenarbeit mit dem Werner ist sehr gut. Er und ich wollen nur eins nicht: Dass er mich an die Hand nimmt und ich neben ihm daher gehe. Das ist mein Wahlkampf.

Werner Schieder überlegt noch, ob er vom Landtag in den Bundestag geht.

Und der Kreisverband überlegt auch noch. Mehr gibt es nicht zu sagen.

Was haben Sie sich denn als politische Arbeit vorgenommen?

Landespolitische Themen jedenfalls. Pendlerpauschale, Steuersenkungen und was die CSU sonst noch momentan anschieben will, das ist doch alles Bundespolitik und wird in Berlin entschieden. Im Landtag behandeln wir Kinderbetreuung und Bildung, Infrastruktur und Finanzausgleich.

Welche Schwerpunkte setzen Sie sich dabei?

Was ich bisher auch schon im Beruf gemacht habe: Familien- und Bildungspolitik. Das berührt die Menschen doch. Es rumort momentan gewaltig, wenn ich nur an die Kombiklassen denke. Wenn damit eine Schule am Ort gesichert ist, wunderbar. Wenn es nur darum geht, Lehrer einzusparen, eine Sauerei. Die Leidtragenden sind die Kinder. Nur 14 Prozent im Landkreis machen Abitur. Eine Förderung in kleinen Klassen ist jedenfalls besser als in großen Schulen. Ein wichtiges Thema ist noch die Vereinbarkeit von Erziehung und Beruf. Wir brauchen mehr Betreuungsplätze. Arbeitsplätze schaffen, das kann die Politik nicht, aber die Rahmenbedingungen und die Infrastruktur. Dazu gehört auch die Elektrifizierung der Strecke München-Hof-Dresden oder Nürnberg-Prag. Was da mit der FH in Weiden passiert ist, das ist einfach blamabel. Da wird alles versprochen und nichts gehalten.

Das Interview führte Berthold Zeitler, Foto: Grüner
Quelle: oberpfalznetz.de

 
 

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